Mein Name ist Jagadisvara Das. Geboren wurde ich am 12. Oktober 1980. Nach Abitur und Wehrdienst studierte ich zunächst sieben Jahre Wirtschaftsinformatik und ließ mich dann zum Werkstoffprüfer ausbilden. Von April 2011 bis August 2015 lebte ich als Brahmacari (Mönch) im Kölner Tempel, wo ich 2012 die Einweihung erhielt. Anschließend begann ich mein Studium der Sozialen Arbeit an der Technischen Hochschule Köln.
Wie und wann sind Sie / bist Du mit den »Hare Krishnas« in Berührung gekommen?
Seit 2005 war ich auf der »Sinnsuche«, wusste aber nicht wohin die Reise ging. 2009 habe ich dann von einem Buch namens »Gott und die Götter« von Armin Risi gehört, worin auch die Zyklen, die die Erde durchläuft, beschrieben wurden, was mich sehr interessierte. In dem Buch wurde der Maha-mantra erwähnt und als das Mantra für dieses Zeitalter beschrieben. Ich fing an, diesen Mantra einmal am Tag zu chanten. Es dauerte dann noch bis 2010, bis ich mehr Interesse an Selbstverwirklichung entwickelte und nach einem Tempel suchte, um mich gründlicher zu informieren. Sehr schnell, schon Ende August 2010, fand ich den Kölner Tempel.
Wie hat sich Ihr / Dein Leben seit diesem Moment verändert?
Vordergründig habe ich angefangen, regelmäßig den Hare Krishna Maha-mantra zu chanten und Gemeinschaft mit Gottgeweihten zu pflegen. Hintergründig habe ich alle Fragen beantwortet bekommen, die ich an das Leben hatte. Die Konzepte von Karma und Reinkarnation waren mir bereits aus einer Esoterik-Gruppe bekannt und ich hielt sie für plausibel, doch erst die Lehren von Srila Prabhupada präsentierten mir diese Konzepte und andere philosphische Aspekte in einem zusammenhängenden, harmonischen und logischen Ganzen, welches die Widersprüchlichkeit atheistischer Konzepte leicht entlarven kann. Ich habe meinen Sinn im Leben gefunden.
Welches ist Ihr / Dein Lieblingszitat aus den heiligen Schriften?
BG 10.25: „… yajnanam japa-yajno `smi …“ „…von den Opfern bin Ich [Krsna] das Chanten der heiligen Namen [japa], …
SB 2.3.10: „Ein Mensch mit größerer Intelligenz, ob voll von allen materiellen Wünschen, ohne jeden materiellen Wunsch oder mit dem Wunsch nach Befreiung, muss unter allen Umständen das höchste Ganze, die Persönlichkeit Gottes, verehren.“
BG 2.40: „Bei dieser Bemühung gibt es weder Verlust noch Minderung, und schon ein wenig Fortschritt auf diesem Pfad kann einen vor der größten Gefahr bewahren.“
Wie hat Bhakti-Yoga Ihr / Dein Leben verändert?
Ich habe angefangen, einer spirituellen Praxis zu folgen (sadhana) und konnte mein Leben dadurch besser ordnen. Ich habe zudem endlich auch mein Berufsfeld gefunden, in dem meine Neigungen und Begabungen liegen, was mir vorher nicht möglich war. Und Ich sehe nun endlich einen logischen Sinn hinter dem menschlichen Leben und der Schöpfung allgemein und fühle mich »im Einklang« mit diesem Sinn. Zusammengefasst bin ich einfach zufriedener als früher.
Welche Erinnerungen und Gedanken verbinden Sie mit dem ISKCON-Gründer A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada, der das alte Wissen der vedischen Schriften in den Westen brachte?
Ohne Bhaktivedanta Swami Prabhupada (Srila Prabhupada) hätten wir keinen Zugang zur Wirklichkeit dieser Welt. Erst Srila Prabhupada hat uns, indem er die offenbarten vedischen Schriften für die Menschen im Westen zugänglich machte, die Möglichkeit gegeben, diese Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist. Ohne ihn wären wir in dieser Welt mit all ihren Genüssen und Leiden fortwährend gefangen und wüssten es nicht einmal. Ohne ihn würden wir Leben für Leben in Unwissenheit bleiben. Durch ihn haben wir die Perspektive bekommen, dass es Welten ohne Krankheiten und Tod gibt. Und er ist auch derjenige, der uns durch seine unermüdliche Arbeit wissenschaftlich dargelegt hat, wie wir diese spirituelle Welt – das Königreich Gottes – erreichen können.
50 Jahre sind eine lange Zeit in der materiellen Welt – wie hat sich die ISKCON Ihrer / Deiner Ansicht nach verändert?
Ich kenne die ISKCON erst seit sechs Jahren und kann bis jetzt keine Veränderung feststellen.
Wie gelingt es Ihnen / Dir Ihre/Deine spirituelle Praxis mit den Rahmenbedingungen der materiellen Welt in Einklang zu bringen?
Dies ist möglich, wenn man sowohl im spirituellen als auch materiellen Bereich Prioritäten setzt und die begrenzten 24 Stunden des Tages möglichst ausgewogen in spirituelle Praxis, Arbeit, Schlaf und Erholung einteilt. Langfristig gesehen helfen mir zwei Dinge im spirituellen Leben sehr, nämlich einerseits regelmäßig den Tempel zu besuchen und Gemeinschaft mit Gottgeweihten zu pflegen und andererseits regelmäßig die von Srila Prabhupada übersetzen Bücher zu lesen oder Aufzeichnungen seiner Klassen zu hören.
Wo und wie hat die Hare Krishna-Bewegung den Mainstream der Gesellschaft verändern können? Welches Prinzip des spirituellen Lebens sollte in der materiellen Gesellschaft mehr Bedeutung bekommen?
Der Mainstream der Gesellschaft ist immer noch sehr auf individuellen sinnlichen Genuss ausgerichtet, doch es werden zunehmend auch andere (spirituelle) Lebensentwürfe toleriert. Speziell die Verbreitung der Lehren von Karma und Reinkarnation durch die vedische Literatur hat die Bewegung vorangetrieben. Die vegetarische Lebensweise, die von den vedischen Schriften empfohlen wird, findet langsam immer mehr Anhänger.
Die ISKCON war eine der ersten Bewegungen, die mit traditionellen westlichen Lebensauffassungen brach und gegen Vorurteile wie »Sektentum« oder »Gehirnwäsche« ankämpfen musste. Viele andere kleine Bewegungen profitieren heute davon.
Speziell die vegetarische Ernährung (die günstig für spirituellen Fortschritt ist), sollte auch im materiellen Leben stärker beachtet werden, denn auch im materiellen Bereich sind damit zahlreiche Vorteile verbunden. Dies wird gesellschaftlich nur sehr ungenügend diskutiert und ist leider noch mit vielen Vorurteilen behaftet. Unserer Gesellschaft gehen dadurch große Vorteile verloren.
In diesem Jahr feiert die Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein ihr 50-jähriges Jubiläum – was möchten Sie der Organisation mit auf den Weg geben?
Besonders die Gemeinschaft mit Gottgeweihten, die die ISKCON allen Menschen bietet, ist unerlässlich für alle. Ich freue mich daher auf die nächsten 50 Jahre. Bitte macht weiter so! »Steter Tropfen höhlt den Stein.«