Ananda Krishna eröffnet professionelles YouTube-Studio
23. September 2019Boris Johnson besucht ISKCON-Tempel und vedischen Kuhschutz
13. Januar 2020John Lennon stellte in seinem weltbekannten Song Imagine die kühne Behauptung auf, die Menschheit könne in einer Welt ohne Religion endlich in Frieden leben. Er singt weiter: „Ihr mögt mich für einen Träumer halten, aber ich bin nicht der einzige.“ Und das stimmt. Viele Menschen betrachten Religion heutzutage als ein Phänomen, welches die Menschen spaltet, sie zu streiten beginnen und sogar gegeneinander in den Krieg ziehen lässt.
Leider müssen wir feststellen, dass diese vermeintliche Schlussfolgerung nicht ganz bei den Haaren herbeigezogen ist, wenn wir uns die letzten 2000 Jahre der Menschheitsgeschichte genauer anschauen – besonders bei uns in Mitteleuropa.
Das ist sehr tragisch, da viele Menschen für sich geradezu das Gegenteil empfinden. Für Milliarden von Menschen steht Religion für Liebe, Mitgefühl und Frieden. Sie spüren in ihrer Religion den Impuls, Gutes zu tun, anderen, schwächeren Menschen zu helfen. Ja, sie gehen wohlmöglich sogar einer fleischlosen Ernährung nach, da sie Tiere ebenfalls als Gottes empfindsame Geschöpfe betrachten. Es gibt sogar Religionsanhänger, die vor jedem Schritt sicher gehen, ja nicht auf eine Ameise zu treten, oder sich bei jedem Baum feierlich entschuldigen, wenn dieser aus lebensnotwendigen Gründen gefällt werden muss.
Religions for Peace (RfP), oder zu Deutsch: „Religionen für den Frieden“ – so heißt ein weltumspannender Verbund von Gruppen verschiedener Religionsgemeinschaften, der sich darum bemüht, Menschen ungeachtet ihrer Religion zu einem friedvollen Miteinander zu führen. Ja, man möchte der Menschheit sogar ein praktisches Beispiel geben, wie eine Welt mit Hilfe religiöser Botschaften in Harmonie und Frieden leben kann.
Für fünf Tage, vom 19. bis zum 23. August 2019, fand in Lindau am Bodensee die 10. Weltkonferenz des Religions for Peace statt. Aus allen Teilen des Globus kamen Delegierte verschiedener Religionsgemeinschaften zusammen, um nicht übereinander, sondern vielmehr miteinander zu diskutieren – zum Beispiel wie man gemeinsam der Menschheit zu der dringlichen positiven Kursänderung verhelfen kann. Die Themen decken dabei ein weites Spektrum ab von praktischen Anleitungen zur Konfliktlösung, Bewahrung von multireligiösen Pilgerorten bis hin zu Förderung von Frauenrechten sowie dem so dringend gewordenen Natur- und Klimaschutz.
Neben Vertretern aus Christentum, Islam, Judentum, Buddhismus, Hinduismus und sogar indianischer Naturreligionen, waren auch Delegierte der ISKCON eingeladen. Darunter auch Mother Dina Sharana Devi Dasi (von jetzt an MDSDD)*, die Vorsitzende der ISKCON für Deutschland-Österreich, Liechtenstein und die Schweiz, auch als Dietlinde Kaufmann bekannt, die selbst als Leiterin einer RfP-Gruppe im Großraum Frankfurt aktiv ist.
MDSDD traf dort unter anderem auch den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (siehe Video), aber auch viele andere einflussreiche Personen aus allen möglichen Bereichen von Religion, Kultur und Politik. Dabei entstanden viele fruchtbare Gespräche, die zeigen, dass immer mehr bekennende religiöse Menschen das Territorium von Wahrheitsalleinanspruch verlassen haben und bereit sind, die Friedensbotschaften anderer Religionen kennen und schätzen zu lernen.
Es war übrigens Frank-Walter Steinmeier, der in einer beachtlich tiefsinnigen Rede das John-Lennon-Lied aufgriff, um einen sonderbaren Widerspruch deutlich zu machen (Ganze Rede unten im Video in voller Länge):
Auf der einen Seite erhoben Religionsführer und -anhänger immer wieder den Anspruch Heil und Liebe in die Menschheit zu tragen. Doch nur allzu oft verwandelten sich all diese edlen Absichten erst in Intoleranz und schließlich in blankem Hass. Auch heute stehen wir immer wieder solch einem bizarren Phänomen gegenüber.
Steinmeier bezog sich in seiner Rede besonders auf den Dreißigjährigen Krieg, der als Paradebeispiel für oben beschriebene Tragik gilt:
„Ein Krieg, der immer auch um das Glaubensbekenntnis geführt wurde, und in dem dann alle Menschlichkeit buchstäblich zum Teufel ging.“
In diesem blutrünstigen Konflikt kämpften Katholiken und Protestanten für dreißig lange Jahre erbarmungslos um ihren Wahrheitsalleinanspruch.
Interessanter Weise greift Krishna diesen Widerspruch ebenfalls im Achtzehnten Kapitel der Bhagavad-gita auf. Er führt diese groteske Mentalität auf eine Weltanschauung zurück, die unter dem Einfluss der sogenannten Erscheinungsweise der Leidenschaft (rajo-guna) steht:
- Vers 19:
- Entsprechend den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur gibt es drei Arten von Weltanschauungen, von Handlung und von Handelnden. Höre nun von Mir darüber.
- Vers 20:
- Jene Weltanschauung, durch welche die eine ungeteilte spirituelle Natur in allen Lebewesen gesehen wird, obwohl sie in unzählige Formen aufgeteilt sind, solltest du als Weltanschauung in der Erscheinungsweise der Tugend (sattva-guna) betrachten.
- Vers 21:
- Jene Weltanschauung, durch die man in jedem einzelnen Körper eine unterschiedliche Art von Lebewesen sieht, solltest du als Weltanschauung in der Erscheinungsweise der Leidenschaft (rajo-guna) betrachten.
- Vers 22:
- Und jene Weltanschauung, durch die man, ohne Wissen von der Wahrheit, an einer bestimmten Art von Tätigkeit haftet und denkt, sie sei das ein und alles, diese Weltanschauung, die nur sehr oberflächlich ist, gilt als Weltanschauung in der Erscheinungsweise der Dunkelheit (tamo-guna).
Mit anderen Worten, wenn wir unter dem erwünschten Einfluss der Erscheinungsweise der Tugend stehen, neigen wir dazu, das in allen Religionen Vereinende unter den Menschen zu erkennen. Stehen wir hingegen unter dem Einfluss von Leidenschaft, neigen wir dazu, das Unterschiedliche und das Trennende zwischen den Lebewesen zu bemerken. Unterschiedliche Rituale werden dann als Grund von Trennung und Spaltung angesehen, sogar wenn es sich um dieselben Absichten hinter den Ritualen handelt, nämlich Gott zu verehren und zu lieben. Und stehen wir hingegen unter dem Einfluss von Dunkelheit, sehen wir ausschließlich unseren „eigenen Film“ und nichts darüber hinaus. Der Religions for Peace-Weltverbund möchte am eigenen Beispiel zeigen, wie wir das Thema „Religion“ in der heilsamen Erscheinungsweise der Tugend betrachten und mit dieser Weltanschauung friedvoll miteinander umgehen können. ♦
Autor: Paramshreya Dasa (Phillip Trier Rabe)
Die Rede vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier sorgte für große Beachtung
Video oben: Mother Dina Sharana Devi Dasi trifft Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier